Psychische Erkrankungen sind mittlerweile der häufigste Grund für ein frühzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben und führen immer häufiger zu einer Frühverrentung. In den letzten 25 Jahren hat sich der Anteil von Personen, die aufgrund seelischer Leiden frühzeitig in Rente gingen, mehr als verdoppelt. Am 6. und 7. Mai 2021 fand zum fünften Mal die Fachtagung ‚Schnittstellen zwischen Prävention, Rehabilitation und Psychotherapie’ als online Konferenz statt. Sie wurde ausgerichtet vom Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
Gründe für den Anstieg psychischer Erkrankungen
Fachleute sehen generell den Stress im Arbeitsleben als wichtigen Auslöser für psychische Erkrankungen an. Vermutlich spielt aber auch die größere Sensibilität für psychische Probleme eine Rolle. Denn früher wurden häufig nicht die psychischen Erkrankungen diagnostiziert, sondern erst die körperlichen Spätfolgen, wie Herz-Kreislauferkrankungen, Magengeschwüre oder Migräne. Heute sind beim Arzt-Patienten-Gespräch psychische Erkrankungen oft kein Tabu mehr und auch bei Krankschreibungen wird offener damit umgegangen als noch vor einigen Jahren.
Die große Relevanz psychischer Erkrankungen beim Arbeitsunfähigkeitsgeschehen und bei den Frühverrentungen stellt auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie weiterhin große Herausforderungen an Prävention, Psychotherapie und Rehabilitation, auch mit Blick auf die Arbeitstätigkeit. Aus der Vielfalt aktueller Entwicklungen und Diskussionen wurden für die Veranstaltung einige ausgewählt, die den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen praxisnahen Querschnitt lieferten. Diskutiert wurden unter anderem Hintergründe zur Tele-Reha Nachsorge.
Tele-Reha-Nachsorge – aktuelle Entwicklungen
Die Tele-Reha-Nachsorge ist eine ergänzende, vertiefende Behandlung, die nach der Reha den Fortschritt und die Stabilisierung der Patientinnen und Patienten sicherstellen soll. Dadurch sollen zum Beispiel die Verbesserung noch bestehender funktionaler Einschränkungen erreicht werden, die Stabilisierung von Verhaltens- und Lebensstiländerungen unterstützt werden und ein nachhaltiger Transfer des Gelernten in Alltag und Beruf sichergestellt werden. Zudem soll die strukturierte Unterstützung bei spezifischen Problemen am Arbeitsplatz oder bei der beruflichen Wiedereingliederung erleichtert werden.
Formen der Tele-Reha-Nachsorge
Mittlerweile kommen verschiedene Formen der Tele-Reha-Nachsorge zum Einsatz. Zum einen gibt es eine Tele-Reha-Nachsorge ohne Informationstechnik (IT) und Internet durch Telefongespräche. Doch immer häufiger werden Trainingssysteme eingesetzt, die in der Regel trainingsspezifische Geräte beim Versicherten voraussetzen, wie zum Beispiel ein Smartphone oder Tablet und bestimmte Apps.
E-Mental-Health bei Nachsorge und Wiedereingliederung
Dr. Maren Kentgens, Geschäftsführung Minddistrict, stellte mit der Minddistrict App eine Webbasierte Plattform vor, auf der Teilnehmende Module zur Behandlung und Nachsorge psychischer und psychosomatischer Erkrankungen durchlaufen können. Teilnehmende können Inhalte markieren und wiederholt nutzen, Ziele definieren, Tagebücher führen oder Handlungsplane erstellen.
Ziele der Online-Nachsorge
Mit Unterstützung der online Nachsorge soll unter anderem Gelerntes in den Alltag transportiert, eine Rückfallprävention etabliert und das ambulante Versorgungssystem entlastet werden.
Aus der Klink in den Alltag
Frau Dr. Kentgens berichtete auch über das Minddistrict DiGA-Projekt ‚Aus der Klinik in den Alltag’. Nach einem stationären Aufenthalt kann die Patientin / der Patient mit der Minddistrict App seinen Account selbständig einrichten. Anschließend erhält man ein Willkommensmodul und kann dann mit einem Nachsorgemodul selbständig arbeiten, bei minimaler Therapeuten Begleitung. Die wissenschaftliche Evaluation des Projekts erfolgt an vier Asklepios Kliniken, zusätzlich ist auch eine Evaluation in Reha-Kliniken denkbar. Die digital unterstützte berufliche Wiedereingliederung mit der Minddistrict App vermittelt zum Beispiel auch Wissen und praktische Tipps zu Entspannung, Achtsamkeit oder einer guten Tagesstruktur.
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Dr. Maren Kentgens
Dr. Maren Kentgens studierte Psychologie in Hamburg und promovierte 2002 am Universitätsklinikum Eppendorf in den Fachgebieten Medizinsoziologie und Arbeitspsychologie.
Nachdem sie Führungspositionen in Beratungs- und Gesundheitsunternehmen wie Lischke Consulting und der Gesundheitswirtschaft Hamburg GmbH innehatte, übernahm sie 2010 die Gesamtprojektleitung von „psychenet“, einem vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung geförderten Projekts zur Bereitstellung wissenschaftlich fundierter Informationen zu häufig vorkommenden psychischen Erkrankungen. Hier kam sie erstmals mit Minddistrict in Kontakt.
Im Jahr 2014 wechselte Maren Kentgens zu Asklepios Connecting Health, wo sie als Geschäftsführerin und Expertin für beide Bereiche erstmals die Brücke zwischen Corporate Health und Versorgung schlagen konnte. Unter ihrer Leitung wurde hier auch die e-Mental-Health Plattform Minddistrict erfolgreich in der Beratung von Unternehmen und MitarbeiterInnen eingesetzt.
Seit 2020 ist sie Geschäftsführerin von Minddistrict DACH und berät Kliniken bei der Entwicklung digitaler Behandlungskonzepte.