Hanneke Kip erforscht im Rahmen ihrer Promotion im Fach Psychologie die Möglichkeiten von Virtual Reality (VR) in der Forensischen Psychotherapie. Parallel dazu untersucht Kip die Implementierung der Minddistrict Plattform in der Forensischen Psychotherapie. "Es kann schnell zu einer Diskrepanz zwischen den technischen Möglichkeiten und den Bedürfnissen von Patienten und Therapeuten kommen", so die angehende Doktorandin.
Hanneke Kip
Kip erforscht an der niederländischen Forensischen Klinik Transfore und der Universität Twente. "Es gibt Patienten, die zu Hause wohnen und von Transfore behandelt werden. Für diese gibt es Online-Module, Kurse und Projektteams. Ein bestimmter Teil der Therapeuten geht die Entwicklung voll mit, ein anderer großer eben leider nicht", so Kip. "Wir untersuchen, was die Gründe dafür sein könnten; sowohl aus der Perspektive der Patienten und Therapeuten als auch aus technischer Sicht. Wann steigt jemand aus und gibt es eventuelle Warnsignale, die darauf frühzeitig hindeuten?"
Mit der persönlichen Situation mitgehen
Was wünschen sich Patienten und Therapeuten, die in der forensischen Psychotherapie arbeiten? "Ich sehe, dass es viele Patienten als angenehm empfinden, tatsächlich etwas zu tun, als lediglich Gespräche zu führen. Die normale "Therapie" dreht sich in erster Linie um die Aspekte Nachdenken und Reflektieren. Das passt zu manchen Patienten, eine große Gruppe ist jedoch durchaus praktischer veranlagt. Zu ihnen passt eine aktivere Herangehensweise besser." Bei Transfore gibt es Patienten, die nicht unbedingt nach draußen gehen möchten und die eine Unterstützung in Form von Virtual Reality bevorzugen. "Mit dieser Technologie kann auch eine Überbrückung gelingen zwischen ständigem Drinnensitzen und plötzlichem Nachdraußengehen. Diese Diskrepanz ist für manche Patienten äußerst groß, Virtual Reality kann da hilfreiche Unterstützung bieten."
" Es kann schnell zu einer Diskrepanz zwischen den technischen Möglichkeiten und den Bedürfnissen von Patienten und Therapeuten kommen."
Hanneke Kip spricht über die Gründe, aus denen die neue Therapieform nicht genutzt wird. So geben Therapeuten an, dass manche Patienten nicht mitmachen könnten, da sie keinen Computer besäßen. Anderen fehle einfach die Motivation. "Diese Informationen bieten durchaus Ansatzpunkte. Manchmal sind Patienten auch zu sehr mit Nebensächlichkeiten beschäftigt, sind unorganisiert oder vergessen schlichtweg, dass da online etwas auf sie wartet."
In der Studie steht nicht die Intervention im Mittelpunkt, sondern die Methodik. "Therapeuten denken jetzt vor allem: Virtual Reality ist nett, das müssen wir auch haben. Aber es kann schnell zu einer Diskrepanz zwischen den technischen Möglichkeiten und den Bedürfnissen von Patienten und Therapeuten kommen." Außerdem hat es sich laut Kip auch als schwierig herausgestellt, Technologie in das Protokoll einzufügen. "Zu Anfang ist es eine Frage der Abstimmung auf die Bedürfnisse, der Aufnahme der Vision der Einrichtung. So kann ein Mehrwert erzielt werden."
Personalisierung ist der nächste Schritt
Zum jetzigen Zeitpunkt gebe es viele Anwendungen, die von Therapeuten auch selbstständig eingesetzt werden könnten, merkt Hanneke Kip an. "Daher muss vermehrt danach geschaut werden, wie die Technologie an die Umgebung angepasst werden kann. Darum haben wir uns noch nicht ausreichend gekümmert." Es gebe immer zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten, so Kip. "Der nächste Schritt ist die Personalisierung, das Schneidern nach Maß. Das betrifft eine heterogene Gruppe, daher ist das nicht immer ganz einfach. Du kannst nicht sagen: Davon wirst Du wütend, das spielen wir jetzt nach."
"Es verändert die Rolle des Therapeuten, er muss seine Arbeit anders interpretieren."
Es gibt auch Fallstricke, betont die Wissenschaftlerin. "Wenn die Umsetzung nicht stimmt, funktioniert es nicht. Dann ist jeder erst begeistert, aber danach stellt sich heraus, dass es doch nicht passt und alle sind desillusioniert." Aus diesem Grund solle dem Aspekt, wie die Nutzung der Technologie optimal eingebettet und umgesetzt werden kann, größte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Frage müsse dann lauten, wie man den Therapeuten die entsprechenden Werkzeuge an die Hand gibt, um mit dieser Technologie adäquat arbeiten zu können. "Es verändert die Rolle des Therapeuten, er muss seine Arbeit anders interpretieren", so Kip.
Interviews, die Hanneke Kip im Rahmen ihrer Forschungsarbeit zur Minddistrict Plattform führte, ergaben, dass Therapeuten vor allem noch mit der Frage hadern, bei welchen Patienten sie diese einsetzen sollten und bei welchen nicht. "Sie fragen sich, was zu tun ist, wenn bei jemandem die Motivation nachlässt, oder wie Aufgaben besser besprochen werden können. Diese Informationen können effizienter eingesetzt und verbreitet werden."
Breite Auswahlmöglichkeiten
Die Psychologin hat ein bestimmtes Bild im Kopf, wie E-Health in der Zukunft aussehen sollte: "Ich habe sowohl die Idealsituation als auch ein realistisches Bild in meinem Kopf. Ich würde gerne sehen, dass man bei jedem einzelnen Patienten schaut, wie dessen Bedürfnisse aussehen. Was benötigt er und wobei hat auch der Therapeut ein gutes Gefühl? Es sollte eine große Bandbreite an Auswahlmöglichkeiten geben." Zudem müsse regelmäßig evaluiert werden, wie der Patient zurechtkommt. "Die Therapie muss natürlich auch zum jeweiligen Therapeuten passen. Es sollte niemand zu einem Einsatz von E-Health genötigt werden, der das nicht will."
"Alle Beteiligten fangen etwas Neues an. Das erfordert Zeit, kann aber auch gleichzeitig eine Zeitersparnis mit sich bringen."
Hanneke Kip sieht vor ihrem geistigen Auge auch unterschiedliche technologische Ansätze: "Hat man zum Beispiel einen Patienten mit Aggressionsregulationsproblemen vor sich, gibt man diesem eine Armbanduhr und eine App an die Hand, um den Aggressionsgrad zu messen. Dann sieht man sehr schnell, ob das Ganze funktioniert." Im Moment würde oft nur ein einziges Hilfsmittel eingesetzt und das wäre es dann, so Kip. Im Idealfall kann ein Therapeut zwischen verschiedenen Optionen wählen, von der Minddistrict Plattform bis zu einer Smartwatch oder Virtual Reality. Das erfordert auch eine andere Art der Bewertung und spezifische Kompetenzen. "Alle Beteiligten fangen etwas Neues an. Das erfordert Zeit, kann aber auch gleichzeitig eine Zeitersparnis mit sich bringen."
Hanneke Kip weiß, dass nicht alle die digitale Revolution in der Forensischen Psychotherapie kommen sehen, aber die meisten sind immerhin begeistert. "Der größte Teil der Patienten macht ein Modul ein paar Mal mit und vergisst es danach wieder. Aber das liegt nicht allein am Unwillen oder an einem Mangel an Fähigkeiten, sie denken ganz einfach nicht mehr dran." Es wäre daher ratsam, als Einrichtung das Augenmerk darauf zu richten, betont sie. "Jedem wäre geholfen, wenn eine präzisere Vorstellung davon existieren würde, wie es funktioniert, was es genau bedeutet und was voneinander erwartet wird."
Mehr über E-Mental-Health in der Forensischen Psychotherapie
Dieses Interview ist eines von dreien, die wir über die Forensische Psychotherapie geführt haben. Andere Artikel aus der Serie sind:
- Interview mit Larissa Hoogsteder, Behandlungsleiterin Jugendliche & Erwachsene bei De Waag
- Gespräch mit zwei Männern in der forensischen Psychotherapie, die versuchen mithilfe von E-Health ihre Aggressionen unter Kontrolle zu bekommen.
Mehrere forensische Versorgungseinrichtungen nutzen die E-Health-Plattform von Minddistrict. Möchten Sie mehr darüber erfahren? Nehmen Sie gerne kontakt mit uns auf.
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