Die Einführung einer psychotherapeutischen Sprechstunde hat den Zugang zu psychotherapeutischer Versorgung nicht verbessert. Betroffene warten noch immer 3 bis 6 Monate auf einen Therapieplatz. Online-Interventionen können hier eine Lösung bieten. Ihre Wirksamkeit ist über viele Jahre hinweg dokumentiert worden. In den Niederlanden und Großbritannien sind sie bereits Teil der Regelversorgung und ermöglichen die integrierte Versorgung der PatientInnen. Wie kann es gelingen, Online-Interventionen auch in Deutschland zu implementieren?
Die digitale Patientenreise beginnt mit der digitalen Eingangstür
Die digitale Patientenreise
Minddistrict stellt sein Konzept der digitalen Patientenreise vor. Dabei richten Gesundheitseinrichtungen unter Verwendung einer E-Mental-Health Plattform eine digitale Eingangstür ein. So können Gesundheitseinrichtungen ihre PatientInnen von Anfang an digital auf deren Weg zur Verbesserung begleiten.
Wartezeit überbrücken mit E-Mental-Health
Im präventiven Bereich können Gesundheitseinrichtungen digitale Angebote zur Erhaltung der psychischen Gesundheit unterbreiten, beispielsweise zur Reduktion von Stress oder Alkoholkonsum. Viele Krankenkassen bieten ihren Versicherten bereits Online-Interventionen zur Prävention psychischer Erkrankungen an.
Doch auch bei der Behandlung psychischer Störungen kann E-Mental-Health wirkungsvoll eingesetzt werden. So können Gesundheitseinrichtungen mit digitaler Eingangstür Psychoedukationsmodule und Tagebücher zur Überbrückung der Wartezeit anbieten. In den Niederlanden hat sich in diesem Zusammenhang das Konzept der Willkommensmodule bewährt. Dabei werden vor der stationären Aufnahme Online-Inhalte für die PatientInnen freigeschaltet.
PatientInnen bereiten sich mithilfe eines Willkommensmoduls auf ihre ersten Therapiegespräche vor
Diese Inhalte wurden speziell für die behandelnde Klinik erstellt und enthalten Informationen zur Einrichtung, zu den Behandelnden und zum Ablauf des Behandlungsplans. Darüber hinaus können sich die PatientInnen mithilfe des Willkommensmoduls und eines Tagebuchs auf ihre ersten Therapiegespräche vorbereiten.
Digitale Diagnostik und Patientenakte
Im klinischen Setting können auch die Eingangs- und Verlaufsdiagnostik digital unterstützt werden. Fragebögen werden individuell oder automatisch in zuvor festgelegten Zeitabständen vorgelegt und graphisch aufbereitet. Alle Patienten- und Behandlungsdaten werden sicher in der E-Mental-Health-Plattform verwahrt und sind den PatientInnen und Behandelnden jederzeit mobil zugänglich.
Stationäre Behandlung: Integrierte Versorgung mit Online-Interventionen
Im Verlauf eines stationären Aufenthaltes kommt es regelmäßig zu behandlungsfreien Zeiten, beispielsweise am Wochenende. Mit dem Einsatz von E-Mental-Health können PatientInnen während dieser Zeiten weiter an ihrer Genesung arbeiten. Dabei können sie in ihrem eigenen Tempo vorgehen, Inhalte beliebig oft wiederholen und über ein gesichertes soziales Netzwerk teilen. Zum Aufbau eines Netzwerkes laden sie andere PatientInnen, Freunde oder Angehörige in die Plattform ein.
Angehörige über ein sicheres soziales Netzwerk in die Therapie einbeziehen
Sie können wichtige Therapieinhalte mit ihnen teilen und Gespräche darüber beginnen. Auch TherapeutInnen können auf Wunsch an diesen Gesprächen teilnehmen und so das soziale Umfeld der PatientInnen in die Behandlung mit-einbeziehen. Die PatientInnen werden im Sinne der Selbsthilfe ermutigt, ein Netzwerk mit anderen Betroffenen zu bilden, das sie auch nach dem stationären Aufenthalt weiter pflegen können. Alle Gespräche innerhalb der E-Mental-Health-Plattform sind dabei Ende-zu-Ende-verschlüsselt.
Digitale Nachsorge und Rückfallprävention
Mit E-Mental-Health ist eine patientenorientierte Versorgung über Sektorengrenzen hinweg möglich. Nach dem stationären Aufenthalt können PatientInnen die E-Mental-Health-Plattform weiterhin nutzen, um neue Module zu bearbeiten oder Gelerntes zu wiederholen. Die neuen Denk- und Verhaltensweisen können sich so im Alltag weiter verfestigen.
Nachsorge mit Aus der Klinik in den Alltag
Die E-Mental-Health-Plattform, inklusive der digitalen Patientenakte, kann nach der Entlassung leicht niedergelassenen PsychotherapeutInnen zugänglich gemacht werden. Somit ist das Aufgreifen der bereits erarbeiteten Inhalte in der Nachsorge lückenlos möglich. PsychotherapeutInnen können dabei je nach Beschwerdebild E-Mental-Health flankierend zur Behandlung vor Ort einsetzen oder persönliche Gespräche mit Online-Sitzungen abwechseln. Sie haben auch die Möglichkeit, Videogespräche einzusetzen. Diese Form der kombinierten Behandlung mit E-Mental-Health und persönlichen bzw. Videogesprächen wird Blended Care genannt.
Blended Care ist die kombinierte Behandlung mit E-Mental-Health und persönlichen Gesprächen
Die Auswahl der Therapieinhalte und -modalitäten richtet sich dabei stets nach den Bedürfnissen der PatientInnen. Darüber hinaus ist es möglich, die Verlaufsdiagnostik über die Plattform fortzusetzen. So ergibt sich ein einheitliches Bild des Beschwerdeverlaufs von der Eingangsdiagnostik bis zur ambulanten Nachsorge.
Rückfallprävention online – Übungen und Notfallpläne jederzeit und überall verfügbar
Auch nach einer ambulanten Psychotherapie können PatientInnen weiterhin von E-Mental-Health profitieren. Durch kurze Mitteilungen werden sie auf Wunsch weiter an Tagebucheinträge und gesundheitsförderliche Übungen erinnert. Sie können relevante Therapieinhalte jederzeit nachlesen und mit ihrem sozialen Netzwerk in Kontakt treten.
In der Behandlung erarbeitete Rückfallpräventions- und Notfallpläne können jederzeit und überall abgerufen werden. So werden die Behandlungserfolge über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten.
Mehr Patienten, bessere Behandlungsqualität
In den Niederlanden ist E-Mental-Health bereits seit mehreren Jahren Teil der Regelversorgung. Kliniken, die ihren PatientInnen digitale Behandlungsmöglichkeiten anbieten, werden von Krankenkassen finanziell gefördert. Durch diese großflächige Implementierung wurde es möglich, neue Patientengruppen mit niedrigschwelligen Online-Interventionen zu erreichen. Auch in ländlichen Regionen wurde die Versorgung verbessert.
PatientInnen haben häufigere, kurze Kontakte mit Behandelnden.
Neben der Vergrößerung der Reichweite wurde durch die Anwendung von E-Mental-Health auch die Versorgungsqualität verbessert. PatientInnen haben häufigere, kurze Kontakte mit Behandelnden. Darüber hinaus haben sie mehr Verantwortung dafür, zu welcher Zeit und an welchem Ort sie sich mit ihren Therapieinhalten beschäftigen. Therapieerfolge können sie so leichter auf ihre eigenen Anstrengungen attribuieren und langfristig stabilisieren.
E-Mental-Health muss Teil der Regelversorgung werden
Digitale Versorgung endet nicht an Sektorengrenzen, sondern wird kontinuierlich fortgesetzt. Im Sinne einer Stepped Care-Versorgung kann E-Mental-Health bei Bedarf mit persönlichen Gesprächen ergänzt werden, die bei zunehmender Besserung wieder verringert werden können.
E-Mental-Health ermöglicht es, mehr PatientInnen eine qualitativ hochwertigere Behandlung anzubieten. Daher fordert sowohl die Bundespsychotherapeutenkammer als auch die DGPPN die flächendeckende Implementierung und Integration in die Regelversorgung – für eine patientenzentrierte, sektorenübergreifende psychiatrische Versorgung.
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